Im Interview
Der Europalandesrat und das Super-Wahljahr 2024

Baut an einer neuen Alpe-Adria-Region: Europalandesrat Werner Amon. | Foto: Alexander Louvet
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Noch nicht einmal ein Jahr ist Werner Amon als Europalandesrat im Amt – am 9. Juni steht bereits die Europawahl an. Rund ein Monat davor haben wir den ÖVP-Politiker zum Interview gebeten.

STEIERMARK. Es ist ein Super-Wahljahr, in den nächsten Monaten werden noch Nationalrat und Landtag gewählt. Als Feuertaufe wird zuvor die Europawahl geschlagen. Werner Amon steht daher MeinBezirk.at zu EU-Themen Rede und Antwort.

MeinBezirk.at: Welche Bedeutung hat diese EU-Wahl in Super-Wahljahr überhaupt?
Werner Amon: Sie ist sehr wichtig. Einer der Kritikpunkte an der EU ist ja, dass sie zu wenig demokratisch sei. Gerade die Europawahl erlaubt, am Wahltag mitzugestalten und mitzuentscheiden, in welche Richtung sich Europa entwickeln soll.

Was können die Steirer in die EU einbringen?
Erstens haben die Steirer ja sehr früh über den Tellerrand hinaus gesehen Richtung Europa, wir waren früher im Süden durch Jugoslawien schon an einer Art eisernem Vorhang. Die Steiermark hat sehr früh versucht, über die Arbeitsgemeinschaft Alpe Adria hier Anknüpfungspunkte zu finden. Das Zweite ist, dass die Steiermark sehr früh eine Repräsentanz in Brüssel hatte, mit dem Steiermarkhaus. Wir bemühen uns dort, dass die Steiermark an europäischen Programmen intensiv, rechtzeitig und professionell partizipiert.

Zum Beispiel?
Jedenfalls einmal mit Erasmus plus, wo wir sicher das erfolgreichste Bundesland Österreichs sind. Über 600 Schulen in der Steiermark sind hier an unterschiedlichen Projekten beteiligt.
Und die Steiermark als Ganzes war außerordentlich erfolgreich: Von 2007 bis 2020 hat die Steiermark deutlich über 5 Milliarden Euro ins Land geholt. Allein für die Koralmbahn sind es über 500 Millionen Euro. Auch in der Forschung sind wir ganz vorn dabei sind, mit einer Forschungsquote von über 5 Prozent.

Woran machen Sie das fest?
Wenn Sie etwa die Technische Uni als Beispiel nehmen: Vor der Autonomie hatten sie rund 500 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, jetzt sind es an die 3.000.

Wie profitiert die Steiermark von der EU?
Allein wenn man sich anschaut, dass in Österreich jeder zweite Arbeitsplatz vom Export abhängig ist, dann hat natürlich mit der Europäischen Union, mit der Öffnung der Märkte zu tun.
Das hatten wir vorher nicht, wir exportieren heute mehr, als wir importieren. Das ist für ein kleines Binnenland ein enormer Vorteil. Die Offenheit der Märkte führt eben zu mehr Wohlstand, zu Wirtschaftswachstum und damit zu einer besseren Lebensqualität.

Bei der EU ist man immer schnell mit Kritik bei der Hand. Aber was bringt uns diese Europäische Gemeinschaft?
Die Grundidee war eigentlich, am europäischen Kontinent Kriegstreibereien zu vermeiden. Friedenssicherung ist also das Wichtigste. Es ist Netzwerk von Vertragswerken entstanden, wo man gesagt hat: Kooperation ist besser als Nationalismus und Protektionismus. Das Phänomen, der Europäischen Union ist, dass alle Entscheidungen auf demokratischen Entscheidungen basieren. Es ist kein Land gezwungen, es kann auch jedes Land austreten, wenn es meint. Schlag nach bei Großbritannien …
Es ist solch eine breite Palette an Vorteilen, dass die kleinen Nachteile, über die wir uns zwar ärgern – von der Glühbirne über die Gurkenkrümmung bis zu den Traktorsitzen – vernachlässigbar sind.

EU-Wahl 2024: Am 9. Juni ist es in der Steiermark so weit. | Foto: pixabay
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Welche Eckpunkte machen Ihre Europapolitik aus?
Die Westbalkan-Strategie ist für mich essenziell. Ich betone das immer, von Wien aus betrachtet: Wenn uns die Sicherheitslage in Bregenz nicht egal ist, dann kann sie uns in auch Sarajevo nicht egal sein, denn das ist ungefähr dieselbe Distanz. In dem Umkreis müssen wir ein sicherheitspolitisches, aber vor allem ein wirtschaftliches Interesse haben, dass diese Staaten Mitglieder in der EU, sind.

Also Sicherheitspolitik?
Ja, diese Frage gewinnt im Rahmen der EU an Bedeutung. Auch deshalb, dass die USA sich perspektivisch mehr und mehr als Schutzmacht zurückziehen. Insofern war es eine richtige Entscheidung, sich am Skyshield zu beteiligen. Ich bin dafür, dass die Europäische Union sich als verteidigungsbereite Gemeinschaft versteht, letztlich ist man in der Gemeinschaft stärker.

Was sind die steirischen Pläne nach der Wahl?
Wir wollen die Alpen-Adria-Allianz erweitern. Wir haben in der Vergangenheit das eine oder andere Land verloren, etwa Italien. Ich habe wieder Gespräche mit Friaul-Julisch-Venetien aufgenommen und hoffe, dass es gelingt, die italienischen Regionen wieder hereinzubringen.
Die Vojvodina ist beigetreten, wir haben mit Nordmazedonien und albanischen Regionen verhandelt. Und wir unterhalten uns mit ungarischen Komitaten – das ist zwar weder Alpen- noch Adriaegion, dennoch wichtig für uns.

"Stehe dazu, dass die EU eine verteidigungsbereite Gemeinschaft ist", sagt Landesrat Werner Amon. | Foto: Alexander Louvet
  • "Stehe dazu, dass die EU eine verteidigungsbereite Gemeinschaft ist", sagt Landesrat Werner Amon.
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Was sind die nächsten Schritte?
Wir werden Anfang Juni eine Alpen-Adria-Konferenz in der Steiermark abhalten, wo wir ein Arbeitsprogramm verabschieden. Der Plan ist, dass wir uns künftig vor Sitzungen des Ausschusses der Regionen als Allianz treffen, um dort gemeinsam das ein oder andere Thema voranzutreiben. 

Ein Beispiel?
„Teaching in Styria“ ist eine neue Aktion, wo wir in den Allianz-Nachbarländern, um Lehrer werben, die für einige Monate in die Steiermark kommen, um hier zu unterrichten. Durchaus in ihrer Landessprache, weil wir das wechselseitige Verständnis verstärken wollen.

Mit welcher Wahlbeteiligung rechnen Sie bei der Europawahl?
Die Zukunft ist ungewiss, das kann ich nicht einschätzen. Ich werbe immer dafür, dass die Leute partizipieren und die Möglichkeit des Wahlrechts nutzen. Das ist jein hart und blutig erkämpftes Recht. Das ist auf der europäischen Ebene genauso wichtig wie auf regionaler oder nationaler Ebene.

Die Menschen haben den Eindruck, bei der Europawahl können sie ohnehin nichts verändern …
Man könnte aber auch noch mehr tun, man kann sich auch engagieren. Bürger sein bedeutet, dass man sich in seine Angelegenheiten einmischt. Die minimalste Form der Einmischung ist, vom Wahlrecht Gebrauch zu machen.

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