ÖVP-Vorschlag
Streit um 1.000-Euro-schweren Vollzeitbonus entbrannt

Aufgrund des Fachkräftemangels und den schweren wirtschaftlichen Bedingungen in Österreich möchte die ÖVP die Vollzeitquote erhöhen. Nachdem Bundeskanzler Karl Nehammer bereits in seinem Österreich-Plan einen Vollzeitbonus vorgesehen hatte, erklärte auch der Vorarlberger Landeshauptmann Markus Wallner (ÖVP) seine Unterstützung für den Vorschlag. Wirtschaftsexpertinnen und -experten zeigen sich bezüglich der Wirksamkeit dieser Maßnahme jedoch skeptisch.  | Foto: PantherMedia / Heiko Küverling
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  • Aufgrund des Fachkräftemangels und den schweren wirtschaftlichen Bedingungen in Österreich möchte die ÖVP die Vollzeitquote erhöhen. Nachdem Bundeskanzler Karl Nehammer bereits in seinem Österreich-Plan einen Vollzeitbonus vorgesehen hatte, erklärte auch der Vorarlberger Landeshauptmann Markus Wallner (ÖVP) seine Unterstützung für den Vorschlag. Wirtschaftsexpertinnen und -experten zeigen sich bezüglich der Wirksamkeit dieser Maßnahme jedoch skeptisch.
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Aufgrund des Fachkräftemangels und den schweren wirtschaftlichen Bedingungen in Österreich möchte die ÖVP die Vollzeitquote erhöhen. Nachdem Bundeskanzler Karl Nehammer bereits in seinem Österreich-Plan einen Vollzeitbonus vorgesehen hatte, erklärte auch der Vorarlberger Landeshauptmann Markus Wallner (ÖVP) seine Unterstützung für den Vorschlag. Wirtschaftsexpertinnen und -experten zeigen sich bezüglich der Wirksamkeit dieser Maßnahme jedoch skeptisch. Der Gewerkschaftsbund (ÖGB) und die FPÖ sehen darin gar eine Benachteiligung von Frauen.

ÖSTERREICH. Beim ÖVP-Vorschlag eines Vollzeitbonus handelt es sich im Konkreten um einen steuerlichen Absetzbetrag für alle Menschen in Österreich, die in Vollzeit arbeiten. So sollen jährlich 1.000 Euro pro Person rückvergütet werden. Am Dienstag erklärte Katharina Gangl, Verhaltensökonomin vom Institut für Höhere Studien (IHS) gegenüber "Ö1", dass sich allerdings nur schwer vorstellen könne, dass dadurch Menschen von der Teilzeit in die Vollzeit wechseln würden. Die Hauptgründe für die Teilzeitarbeit seien schließlich Betreuungspflichten und nicht finanzieller Natur. 

Auch Helmut Mahringer, Arbeitsmarktexperte am Österreichischen Institut für Wirtschaftsforschung (WIFO), sieht in dem Bonus eine Begünstigung für Menschen, die ohnehin bereits Vollzeit arbeiten. Er rechnete im "Ö1 Frühjournal" vor, dass der Vollzeitbonus dem Staat jährlich 2,7 Milliarden Euro kosten würde.

Arbeitest du Vollzeit oder Teilzeit?

ÖVP: "Nur Drittel der Teilzeitkräfte mit Betreuungspflichten" 

Die ÖVP reagierte in einer Aussendung auf die Stellungnahmen der Ökonomen und kritisiert die "einseitige und teils falsche Berichterstattung" von Ö1, die dem Objektivitätsgebot des ORF widerspreche. So seien darin ausschließlich Personen zu Wort gekommen, die den geforderten 1.000-Euro-Vollzeitbonus ablehnen. 

ÖVP-Mediensprecher Kurt Egger verweist darauf, dass in dem Ö1-Bericht unerwähnt geblieben sei, "dass eine Studie der Wirtschaftskammer zu dem Ergebnis kommt, dass etwa zwei Drittel aller Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer mehr arbeiten würden, wenn es sich steuerlich lohnen würde". Zudem betonte ÖVP-Mediensprecher Kurt Egger, dass nur ein Drittel all jener, die Teilzeit arbeiten, Betreuungspflichten hätten: "Die Argumentation der Ö1-Experten, dass nur mehr Kinderbetreuung zu einer höheren Vollzeitquote führt, ist also empirisch nicht haltbar".

ÖGB ortet "Vorschlag zur Benachteiligung von Frauen"

Die Vizepräsidentin und Frauenvorsitzende des Gewerkschaftsbunds (ÖGB), Korinna Schumann, sieht in dem angedachten Vollzeitbonus den nächsten Vorschlag zur Benachteiligung von Frauen: "Zuerst schafft die österreichische Bundesregierung Realitäten, indem sie Frauen – aus Mangel an Kinderbetreuungsmöglichkeiten – in die Teilzeitarbeit drängt und dann sollen sie dadurch auch noch beim in Aussicht gestellten 1.000-Euro-Bonus für Vollzeitarbeit durch die Finger schauen".

Expertinnen und Experten sehen Betreuungspflichten als die Hauptgründe für Teilzeitarbeit.  | Foto: Shutterstock / FamVeld
  • Expertinnen und Experten sehen Betreuungspflichten als die Hauptgründe für Teilzeitarbeit.
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Schuhmann fordert in einer Aussendung, dass man zunächst für Rahmenbedingungen sorgen müsse, die Vollzeitarbeit für Frauen möglich machen, bevor man über einen Vollzeitbonus spreche. Ein Rechtsanspruch auf einen Kinderbetreuungsplatz ab dem ersten Geburtstag des Kindes könne eine solche sein. "Wir haben gemeinsam mit der Arbeiterkammer aber auch das Familienarbeitsmodell auf den Tisch gelegt, mit dem Eltern gleich viel Zeit für Erwerbs- und Sorgearbeit aufwenden können", so Schumann, die ergänzt: "Die Regierung könnte das Modell sofort umsetzen, anstatt die Frauen zu verhöhnen".

FPÖ: "Teures Finanzzuckerl der ÖVP"

Als eine "undurchdachte und teure ÖVP-Rosstäuscherei vor den Wahlen, die sich aber ganz schnell in Rauch auflösen werde", bezeichnete FPÖ-Klubobmannstellvertreterin und freiheitliche Sozialsprecherin Dagmar Belakowitsch den angedachten Vollzeitbonus. Das "teure Finanzzuckerl der ÖVP, das mehr Menschen zur Vollzeitarbeit bringen soll", würde ihrer Ansicht nach zu einer Benachteiligung von Müttern führen, "die ihre Kinder gerne selbst heranwachsen sehen". Sie verwies darauf, dass Frauen oft wegen mangelnder Kinderbetreuung nicht mehr Stunden arbeiten könnten. "Ganz vergessen sind in dieser Debatte freilich auch all jene Arbeitnehmer, die sich unfreiwillig in einem Teilzeitvertrag befinden", so Belakowitsch.

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