Trofaiacher Stimmungsbilder
Mario Abl: "Ich bin dankbar, für die Disziplin unserer Bevölkerung"

Mario Abl, Bürgermeister der Stadt Trofaiach. "Schön ist es schon bei uns", postete er zu diesem Foto auf Facebook. | Foto: zVg/Trofaiacher Stimmungsbilder
  • Mario Abl, Bürgermeister der Stadt Trofaiach. "Schön ist es schon bei uns", postete er zu diesem Foto auf Facebook.
  • Foto: zVg/Trofaiacher Stimmungsbilder
  • hochgeladen von Wolfgang Gaube

Zum Abschluss der Serie „Trofaiacher Stimmungsbilder hat Jacqueline Juri die letzte Runde ihrer Telefoninterviews absolviert. Sieben Wochen lang hat sie Trofaiacherinnen und Trofaiacher über ihr Befinden in der Coronakrise befragt, so auch Bürgermeister Mario Abl.

Herr Bürgermeister, du hast die „Trofaiacher Stimmungsbilder“ eröffnet und wirst sie auch nach nunmehr sieben Wochen beschließen . Wie geht es dir als Privatperson aber auch als Bürgermeister unserer Stadt?
MARIO ABL:
Vorab bedanke mich bei dir für diese unglaublich coole Initiative. Mir geht es eigentlich sehr, sehr gut. Persönlich habe ich für mich viele private Dinge erledigen können. Ich habe eine neue innere Ruhe gefunden und eine neue Form des Lebens entdecken dürfen. Ich hatte die Möglichkeit, sehr viel Zeit mit meiner Familie zu verbringen, mit meinen Kindern, und mit meiner Frau. Ich hatte auch wieder Zeit um Sport zu betreiben, was sich sehr positiv auf mein Wohlbefinden ausgewirkt hat. In Summe gesprochen, hatte diese Zeit für mich als Privatperson eine hohe Qualität.
Als Bürgermeister bin sehr stolz darauf, dass unsere Gemeinde im Notdienst bzw. Notbetrieb hervorragend funktioniert hat, dass die Menschen in unserer Stadt Trofaiach zusammengehalten haben. Es hat einen großen Schulterschluss gegeben, das macht mich wirklich stolz.

Bitte wirf nochmal einen Blick zurück. Was war eine der schwierigsten Situationen in diesen sieben Wochen in deiner Funktion als Bürgermeister?
MARIO ABL:
Es waren die Gespräche mit durchaus verzweifelten Menschen, die über ihre Angst gesprochen haben, die verunsichert waren, weil sie auch nicht wussten, welche Situation auf sie zukommt. Wir haben alle nicht gewusst, was mit uns passieren wird. Wir waren es auch nicht gewohnt, dass wir in unserer persönlichen Freiheit Einschränkungen hinnehmen mussten. Plötzlich war alles irgendwie anders. Zusätzlich musste man sich an neuen Regeln orientieren. Zwischendurch war das schon eine knifflige Situation. Rückblickend betrachtet, gab es für alles eine Lösung. Irgendwie schafft man es dann doch mit vereinten Kräften.

Was nimmst du ganz konkret für dich als Mensch aus diesen sieben Wochen mit?
MARIO ABL:
Ich nehme mit, dass wir Menschen sehr anpassungsfähig sind. Mir waren mit einer Situation konfrontiert und sind es immer noch, die keiner von uns, bis auf ein paar wenige Menschen in unserer Stadt, die damals in Kriegszeiten Einschränkungen erlebt haben, die keiner von uns je miterlebt hat. Trotz alle dem, nach einer kurzen Phase der Unruhe, in der auch irrationale Situationen passiert sind – ich erinnere an die Hamsterkäufe, die aus einem Instinkt heraus geschehen sind – haben sich die Menschen in kürzester Zeit, sehr gut angepasst. Wir sind in der Lage sehr wandlungsfähig zu sein, das nehme ich mit.
Bei uns, aber auch international, konnte man die Anpassungsfähigkeit und das Schauspiel der Natur mitverfolgen. Unglaublich, welche Dinge in diesen Wochen entstanden sind. Wir sind ein Teil des großen Ganzen, der Natur und als solches gut ausgestattet und enorm wandlungsfähig. Dieses Bewusstwerden solcher Prozesse, oder nennen wir es Erkenntnis, dass sich die Menschheit an veränderte Situationen schnell anpassen kann, beruhigt.

Mit Blick in die Zukunft, wie wird es weiter gehen, gibt es Empfehlungen?
MARIO ABL:
Ich glaube, es wird ein wenig anders weiter gehen, wie wir es vielleicht noch vor zwei Monaten gewohnt waren. Ich denke, dass wir mit Bedacht mit unserer zurückgewonnenen Freiheit umgehen werden. Es wird ein neues Miteinander geben, manchmal mit ein bisschen mehr Abstand aber doch in einer großen Gemeinsamkeit. Ich wünsche mir, dass diese Achtsamkeit, die ich schon im ersten Interview angesprochen habe, erhalten bleiben kann. Dass die Geschwindigkeit nicht mehr diese enorme Schlagzahl erreicht, damit wir in der Lage sein können, Dinge mit mehr Bedacht und Konzentration zu machen. Auf diese berühmte Multi-Tasking-Fähigkeit, die meiner Meinung nach niemand kann, braucht man dann nicht mehr zurückgreifen.
Es wäre sehr sinnvoll, wenn wir mit unserem Leben und mit allem, was uns aus macht, behutsamer umgehen oder umgehen lernen. Ich glaube, diese Zeit hat uns auch bewusst gemacht, wie unglaublich schön unsere unmittelbare Umgebung ist. In unserer Region, speziell in Trofaiach ist einem im Prinzip nichts abgegangen. Man hat die Natur, man hat rundherum freie Flächen, den Wald, die Berge, wo man sich jederzeit bewegen konnte. Ich glaube, dieser Umstand hat enorm an Bedeutung gewonnen. Es ist eine Besonderheit, wenn man in so einem Umfeld leben darf, wo man nicht so massiv eingeschränkt ist, wie zum Beispiel im urbanen Raum. Ich glaube, dass das „Landleben“ global oder national wieder an Bedeutung gewonnen hat und gewinnen wird. Dieser Urbanisierungstrend ist bestimmt nicht gestoppt, aber eine „Nachdenkpfeife“, um es bildhaft zu formulieren, werden einige Menschen schon zur Hand nehmen, um zu überlegen, wo sie in Zukunft mit ihren Familien den Wohnsitz und damit auch den Mittelpunkt des Lebens, haben wollen. Die Entscheidung, ob ich am Wochenende in die „Freiheit“ aufs Land fahre oder in Zukunft vielleicht unter der Woche vom Land zur Arbeit fahre, wird wahrscheinlich zunehmend mit Bedacht gewählt werden. Der Vorteil am Land ist auch, dass man sich gegenseitig kennt und somit auch ein anderes Netzwerk zur Verfügung hat.
Es gibt natürlich auch viele Vorteile in der Stadt, die ich ebenfalls schätze und nicht außer Acht lassen will, jedoch bietet der ländliche Raum die Möglichkeit der vermehrten Autonomie. Ich bin nicht zwingend und unbedingt auf den Supermarkt angewiesen. Es ist möglich, direkt und regional Produkte zu beziehen, weil man miteinander bekannt ist, das hat eine persönliche Note. Oder ich bekomme mein Essen zugestellt, das hat schon eine hohe Qualität.

Da passt die Frage, die ich von Frau Kristl erhalten habe gerade gut dazu: Was hat Trofaiach in dieser Zeit anders gemacht, im Vergleich zu ähnlichen Städten?
MARIO ABL:
Grundsätzlich möchte ich dazu sagen, dass jede Stadt für sich diese herausfordernde Situation sehr gut gelöst hat, auf ihre ganz persönliche Art. Wir haben uns sehr gut abgestimmt von Kindberg bis Trofaiach, eben die Städte verwandter Größe wie Kapfenberg, Bruck, Leoben. Wir haben versucht einen ähnlichen Weg zu gehen und wesentliche Entscheidungen haben wir versucht gemeinsam zu treffen. Was uns in Trofaiach ausgemacht oder begleitet hat, war eine gewisse Unaufgeregtheit. Ich weiß nicht, wie das die Menschen empfunden haben. Wir haben versucht unsere Infrastruktur so gut als möglich im Notbetrieb zu organisieren, ohne, dass die Bürger davon betroffen sind. Wir haben im Hintergrund agiert und keine zusätzlichen Pressegespräche im Zweitagesrhythmus abgehalten. Mir war es wichtig, dass die Arbeiten, die erledigt werden mussten und notwendig waren, in Ruhe, im Hintergrund erledigt werden konnten. Die Mitarbeiter haben alle sensationell zusammengehalten und auf sie war alle Verlass.
Ich habe versucht eine gewisse Normalität aufrecht zu erhalten. Es ist für uns alle selbstverständlich, dass die Müllabfuhr funktioniert und sie hat auch funktioniert, aber man muss es nicht immer wieder betonen, man muss es einfach tun! So steht man das durch. Ich denke da an die Kinderbetreuung, es war selbstverständlich, dass unsere Mitarbeiterinnen da waren, für alle Menschen, die eine Kinderbetreuung gebraucht haben, trotz der Einschränkungen, da gehören auch die Schulen dazu. Diese Dinge haben auch die anderen Städte gemacht, jeder auf seine Art. Wir haben versucht es vielleicht mit einer gewissen Unaufgeregtheit zu machen, wir haben einfach unseren Job gemacht.

Die sechsjährige Liselotte, die über all die Wochen ebenfalls interviewt wurde, lässt fragen, ob du dich auch schon mit jemandem getroffen hast, seit es die Lockerungen gibt?
MARIO ABL:
Ja, ich habe natürlich die Gelegenheit genutzt. Meine Mutter feierte ihren 70. Geburtstag. Wir waren sehr froh, dass wir im kleinen familiären Rahmen was tun konnten. Ich hatte beruflich natürlich auch schon meine ersten Termine, die waren wichtig und drehten sich um das Thema Bauen, denn auch in diesem Bereich ist es wesentlic, wieder Normalität einkehren zu lassen. Da ging es um Familien, die wollen investieren, ihren Lebenstraum verwirklichen. Unternehmen sind davon abhängig, dass wieder Gewinne kommen, alles muss wieder anfangen.
Meine Frau und ich nutzten auch schon die Gelegenheit mit Freunden ein Achterl Wein zu trinken, natürlich mit Abstand. Für viele Wochen hatte man nur dieselben Kontakte, da hat man gespürt, wie sie einem abgehen, die geliebten Familienmitglieder, aber auch Freunde.

Bitte vervollständige die Sätze:
Die Zeit der Ausgangsbeschränkung war… entschleunigend.
Ich bin… in meiner Mitte
Für die Zukunft… wünsche ich mir weiter diesen starken Zusammenhalt.
Wenn ich auf diese sieben Wochen zurückblicke, mit welchem Instrument oder mit welchem Bild oder etwas Symbolhaften würde ich mich vergleichen? Mit einem Taktstock, denn er gibt zwar den Takt vor, aber ohne das große Orchester, das die wunderbaren Töne produziert, ist der Taktstock wertlos. Meinen Mitmenschen möchte ich mitteilen, dass ich unendlich dankbar bin, für diese Disziplin in den vergangenen sieben Wochen.

Das Interview führte Jacqueline Juri

Push-Nachrichten auf dein Handy
MeinBezirk.at auf Facebook verfolgen
Die Woche als ePaper durchblättern
Newsletter deines Bezirks abonnieren

Kommentare

?

Du möchtest kommentieren?

Du möchtest zur Diskussion beitragen? Melde Dich an, um Kommentare zu verfassen.

Anzeige
Ein Bild vom Zeltfest Mürzhofen im Jahr 2023. "K's Live The Band" mit Veranstalter Gerald Piller und Kindbergs Bürgermeister Christian Sander. | Foto: Himsl
4

Programm und Neuheiten
Das 50. Zeltfest Mürzhofen in Kindberg

Von 17. bis 19. Mai 2024 findet auf der Grabner-Wiese zum 50. Mal das Zeltfest Mürzhofen statt. Für jeden musikalischen Geschmack sind Interpretinnen und Interpreten dabei. Neu sind ein Holzboden im gesamten Zelt, ein eigener VIP-Bereich und eine Cocktail-Bar. KINDBERG. Genau genommen wird das Zeltfest Mürzhofen heuer das 50. Mal über die Bühne gehen – 2022 wurde schon 50 Jahre Zeltfest gefeiert, heuer aber die tatsächlich 50. Auflage des Festes – denn zwei Mal konnte es coronabedingt nicht...

  • Stmk
  • Mürztal
  • Angelina Koidl

Du möchtest selbst beitragen?

Melde dich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.