Radweg Leoben-Hinterberg
Jedes überfahrene Tier ist eines zu viel

Eine Weinbergschnecke kann viele Jahre alt werden und erfüllt im Laufe ihres Lebens eine wunderbare Funktion im Ökosystem. Wir Menschen sollten sie vom Radweg heben, anstatt sie zu überfahren oder zu zertreten.   | Foto: W. Kammel
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  • Eine Weinbergschnecke kann viele Jahre alt werden und erfüllt im Laufe ihres Lebens eine wunderbare Funktion im Ökosystem. Wir Menschen sollten sie vom Radweg heben, anstatt sie zu überfahren oder zu zertreten.
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Am Radweg auf der alten Bahntrasse von Leoben nach Hinterberg werden in der wärmeren Jahreszeit wieder unzählige Schnecken, Insekten und Reptilien überfahren oder zertreten. Biologen appellieren, den Tieren auszuweichen beziehungsweise sie wegzuheben.

LEOBEN. Der warme Asphalt des Radweges lockt ab dem Frühling bis in den Herbst hinein immer wieder Insekten, Amphibien oder Reptilien an, um sich dort zu sonnen. Bei regnerischem Wetter sind wiederum viele Schnecken unterwegs. Kleine Leben, die zuhauf von Radfahrern überfahren oder von Fußgängern zertreten werden und ihren Zweck in unserem Ökosystem nicht mehr erfüllen können.

Mauereidechsen unter den Opfern

Besonders betroffen macht den Biologen Werner Kammel aus Wildon, der die ökologische Bauaufsicht der Trasse Leoben-Hinterberg innehatte, dass unter den Opfern auch manchmal die Mauereidechse ist. Er entdeckte ihr Vorkommen neben jenem der harmlosen Schlingnatter 2017 im Rahmen einer Kartierung auf der aufgelassenen Bahnstrecke. „Als ich mit dem Monitoring zu der stark gefährdeten und streng geschützten Art beginnen wollte, entdeckte ich mit Schrecken, dass zum Teil die Geleise bereits abgebaut wurden. Die Mauereidechse nutzt bevorzugt alte Bahnschwellen als Sonnenplatz“, erklärt Kammel, der sofort zu intervenieren begann.

Die gefährdeten und streng geschützten Mauereidechsen leben bevorzugt an alten Bahntrassen wie jener von Leoben nach Hinterberg. | Foto: W. Kammel
  • Die gefährdeten und streng geschützten Mauereidechsen leben bevorzugt an alten Bahntrassen wie jener von Leoben nach Hinterberg.
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Trasse für Mensch und Tier

Die Stadtgemeinde Leoben, der das Vorkommen nicht bekannt war, reagierte umgehend. „Die Trasse wurde für den Radweg und für die Reptilienvorkommen geteilt und noch nicht entfernte Bahnschwellen belassen“, so Kammel. Obwohl Mauereidechsen sehr flink sind, kommt es seit Bestehen des Radweges immer wieder vor, dass die geschützten Reptilien aus Unachtsamkeit der Menschen getötet werden. „Vor Radfahrern mit hohem Tempo können sie oft nicht rasch genug flüchten und werden fallweise überfahren. Mit etwas mehr Achtsamkeit ließe sich ihnen leicht ausweichen“, betont der Biologe.

Auf der ehemaligen Bahntrasse wurden zur Hälfte die Bahnschwellen belassen, um den dort lebenden Reptilien weiterhin Lebensraum zu ermöglichen.  | Foto: Astrid Höbenreich-Mitteregger
  • Auf der ehemaligen Bahntrasse wurden zur Hälfte die Bahnschwellen belassen, um den dort lebenden Reptilien weiterhin Lebensraum zu ermöglichen.
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Kleine Geste mit großer Wirkung

Bei feuchten Bodenverhältnissen wird der Weg während der gesamten Vegetationsperiode auch von anderen Kleintieren gequert. Dazu zählen Schnecken, wie etwa die unter Naturschutz stehende Weinbergschnecke. Das Überfahren von Gehäuseschnecken ließe sich reduzieren, wenn Fußgänger sich die Mühe machen würden, diese vom Asphalt in die angrenzende Wiese zu setzen, meint Kammel. Eine kleine Geste mit großer Wirkung, denn gerade die Weinbergschnecke macht einen guten Job im Ökosystem. „Mit ihrer Raspelzunge baut sie organische Substanzen ab. Eine Weinbergschnecke ist grundsätzlich unglaublich faszinierend und wenn man sie tötet, löscht man ein Leben aus, das vielleicht schon bis zu 15 Jahre gedauert hat“, macht der Grazer Biologe Georg Derbuch eindringlich aufmerksam.

Heuschrecken ab Spätsommer

Ab Spätsommer gesellen sich dann noch Heuschrecken auf den warmen Asphalt, die ebenfalls zu Hunderten ihr Leben auf dem Radweg lassen. Warum sie gerade um diese Jahreszeit unterwegs sind? „Die meisten Heuschrecken – es gibt bei uns rund 140 Arten – werden im Spätsommer geschlechtsreif, paaren sich und wärmen sich gegen Herbst gerne am Asphalt“, erklärt Derbuch. Überfährt man diese, verhindere man in vielen Fällen ihre Eiablage. „Es geht hier um das Erhalten der Tierdiversität. Wir verzeichnen in den vergangenen 30 Jahren ohnehin schon einen Verlust von 75 bis 80 Prozent an Insekten von der Menge her. Wir sollten bedenken, dass all diese Tiere eine ökologische Funktion erfüllen und funktioniert unser Ökosystem nicht mehr, haben wir Menschen ein Problem“, verdeutlicht Georg Derbuch.

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